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Wir bauen nicht. Wir schaffen und begleiten Lebensraum.

Eröffnung der Demenz-Wohngemeinschaft
„Leben auf Graf Bismarck“
Ein Grußwort von Claudius Hasenau, Geschäftsführer der APD
Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen GmbH

Dienstag, 26. September 2017
(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Stadtrat Dr. Schmitt,
sehr geehrter Herr Dr. Bottermann,
sehr geehrter Herr Opitz,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
meine lieben Freunde,
verehrte Gäste,

zunächst ein herzliches Dankeschön an Ihre Adresse dafür, dass Sie sich heute die Zeit nehmen, um mit uns etwas gemeinsam zu feiern, nämlich die konsequente Weiterentwicklung einer Idee, die vor mehr als 13 Jahren in unserem Hause ihren Anfang nahm:

Wir wollten als Pflegedienst eine Versorgungskette aufbauen. Dazu fehlte uns ein Schlussstein, nämlich eine Möglichkeit, Menschen mit ihrer besonderen Bedarfslage Lebensraum zur Verfügung zu stellen. Lebensraum, der keine hotelmäßige Versorgung, sondern Normalität in seinem Alltag berücksichtigt. Normalität, meine Damen und Herren, wie Sie diese hoffentlich jeden Tag in Ihrem Zuhause erleben. Zuhause! Denn eines war uns klar: Wir wollen keine anstaltsmäßige Versorgung betreiben, sondern wir wollen ein Zuhause begleiten.

Daher haben wir den Leitsatz geprägt:
Wir bauen nicht, sondern wir schaffen und begleiten Lebensraum.

Damit meinen wir insbesondere Lebensraum für Menschen die eine demenzielle Grunderkrankung haben. Und genau wie wir es aus der eigenen Häuslichkeit kennen, teilen wir uns diese verantwortungsvolle Aufgabe mit den Menschen, die auch in der Vergangenheit eine wichtige Rolle im Leben der hier wohnenden Menschen gehabt haben: Nämlich mit der Familie und mit den Angehörigen.

Mit dieser Idee sind wir nicht nur in Gelsenkirchen zu einem Synonym dafür geworden, wie Pflege anders organisiert und gelebt werden kann. Weitere Städte sind dieser Idee bereits gefolgt oder werden ihr noch folgen. Gäste aus allen Bundesländern unserer Republik, aber auch aus vielen Teilen der Erde zeigten großes Interesse an der Lösung einer besonderen Aufgabe, die unsere Gesellschaft aktuell und zukünftig noch viel stärker fordern wird: der Gestaltung des demografischen Wandels und der Schaffung von neuen Wohnformen für Menschen mit besonderen Bedarfen. Eine beispielhafte Antwort geben wir heute mit dem Projekt „Leben auf Graf Bismarck“.

Es ist das 5. Wohngemeinschaftshaus der APD in Gelsenkirchen, das durch uns als APD initiiert und begleitet wird. Diesmal ging es uns nicht allein um die Schaffung von Lebensraum für Menschen mit Demenz, sondern auch um Lebensraum für Menschen, die besonderen Service wünschen. Neben den drei Wohngemeinschaften finden sich 12 Servicewohnungen.

Diese mehrgliedrige Angebotsstruktur ist Ausdruck der konsequenten Weiterentwicklung der Grundidee. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade die Situation von Ehepaaren in der Pflege nur unzureichend berücksichtigt wird. So haben wir die Idee formuliert, nicht nur Lebensraum für Menschen mit einer Demenzerkrankung zu gestalten, sondern auch dem Ehepartner die Möglichkeit einer distanzierten Nähe unter einem Dach zu ermöglichen. „Leben auf Graf Bismarck“ ermöglicht Wohnen in der eigenen Häuslichkeit in der Nähe zur Demenz-WG.

Auch wenn wir als APD konsequent die Entwicklung alternativer Wohnformen nicht nur in Gelsenkirchen vorantreiben, so ist der Weg, der uns an den Punkt geführt hat, wo wir heute stehen, nicht immer einfach gewesen. Auch in Zukunft werden wir mit Stolperfallen, Anfeindungen und Ungeheuerlichkeiten zu leben haben. Was mich in meinem bisherigen Berufsleben am tiefsten verletzt und entsetzt hat, war die Forderung nach einem Ausstieg aus der tariflichen Entlohnung meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ausgesprochen durch eine Abteilungsleiterin der Stadt Gelsenkirchen.

Dabei steigt der Anteil pflegebedürftiger Menschen rapide an. Diese Entwicklung und der wachsende Fachkräftemangel in der Altenpflege stellen unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Altenpflege hinken in Deutschland im europäischen Vergleich immer noch hinterher. Die Reform der Pflegeberufe ist ein erster wichtiger Schritt. Jetzt müssen weitere folgen: insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung der Pflegekräfte. Deshalb gehört mein ausdrücklicher Dank an alle Unterstützerinnen und Unterstützer unserer Vision einer guten Pflege, und insbesondere an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jeden Tag Krankheit, Leid und Tod unter humanistischen Werten begleiten. Herzlichen Dank!

Allen Fachleuten in Gelsenkirchen ist die Statistik der Bertelsmann-Stiftung transparent: Bis 2030 – und das sind gerade noch 13 Jahre – wird die Versorgungslücke bei Pflegekräften in der ambulanten Pflege bei mehr als 20% liegen. Das bedeutet: Jede 5. Stelle in der ambulanten Pflege wird nicht mehr zu besetzen sein! Hier herrscht dringender Handlungsbedarf. Die Frage lautet: Und wer pflegt uns? Wir als APD nehmen diese Entwicklung ernst und stellen uns der Verantwortung. Wir haben nicht nur mit alternativen Wohnformen Lebensraum geschaffen, der die besondere Bedarfslage von kranken Menschen berücksichtigt. Wir haben auch unsere Arbeitsbedingungen so gestalten, damit sie unseren Pflege- und Betreuungskräften ein lebenslanges Arbeiten ermöglichen und keine Schufterei in einer Mangelversorgung. Mehr als 50 Auszubildende lernen aktuell bei uns den Pflegeberuf. Mit mehr als 3 Stipendiaten, die nebenberuflich studieren, werden wir unseren zukünftigen Bedarf nach Führungskräften in APD sichern.

Als einer der zehn größten privaten ambulanten Pflegedienste in Deutschland verstehen wir uns als Teil der Gesellschaft. Wir nehmen Investitionen in die Versorgungslandschaft in unserem Lande vor. In Gelsenkirchen, aber auch in anderen Städten wie Meinerzhagen, Dorsten oder Herne. Ich verstehe mich als Lokalpatriot und Teamplayer. Das Ergebnis, das Sie heute sehen, kam zustande, weil andere Akteure unsere Vision mittragen und bereit sind, partnerschaftlich zu investieren. So wie die Familie Kirchner aus Mülheim, die bereits bei dem Wohngemeinschaftshaus „Leben in Sutum“ an unserer Seite war. Heute eröffnen wir gemeinsam „Leben auf Graf Bismarck“, was für ein schöner Tag. An Ihre Adresse, liebes Ehepaar Kirchner, geht heute ein ganz besonders herzliches Dankeschön.

Zu diesen Akteuren, die unsere Vision teilen, gehört auch die Sparkasse Kierspe-Meinerzhagen, die diese Investition und unsere Investition im Sauerland finanziert hat. Stellvertretend daher ein herzliches Dankeschön an den Vorsitzenden des Vorstandes der Sparkasse Kierspe-Meinerzhagen Herrn Wolfgang Opitz. Ich möchte mich aber auch bei den stilleren Unterstützerinnen und Unterstützern in diesem Projekt bedanken: Dazu gehört vor allem unser Architekt Herrn Ulrich Domnik und die vielen Handwerksbetrieben aus Gelsenkirchen und der Umgebung.

Meine Damen und Herren, meine Mentorin Susanne Schübel drängt mich immer wieder dahin, meine Redezeit nicht zu überziehen. Daher erlauben Sie mir, zum Schluss meiner Darstellung zu kommen: Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du. Dieser Satz stammt von Mahatma Gandhi. Lassen Sie uns gemeinsam gewinnen, indem wir als Gesellschaft notwendige Strukturen schaffen und Lebensraum zu begründen, der unseren Werten entsprechend ein menschenwürdiges Leben trotz Demenz und Pflegebedürftigkeit ermöglicht.

Wenn wir es nicht schaffen, die Herausforderungen der älter werdenden Gesellschaft zu gestalten, wird unsere Gesellschaft verlieren. Der soziale Frieden wird verloren gehen. Hierbei gilt nicht, sich zu bekämpfen. Lassen Sie uns lieber Gemeinsamkeiten suchen und lösungsorientierte Schnittmengen bilden. Dazu lade ich Sie ganz herzlich ein.

Ich wünsche den hier lebenden Menschen und ihren engagierten Angehörigen viel Glück. Den sie begleitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wünsche ich allzeit die notwendige Menschlichkeit und Fachlichkeit in der Begleitung der Frauen und Männer, die hier ihre Hilfe und Unterstützung benötigen.

Glück Auf!

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