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Eine Hand hilft der anderen

„Mein schönstes Weihnachtsgeschenk“

Bömskes, Fischstäbchen und Baumschmücken: Mit den Kindergarten-Kids Lucy, Jermaine und Gülmedine zu Gast in der Wohngemeinschaft „Leben am Rheinelbepark“

Gelsenkirchen, im Dezember 2015. Für diesen Tag haben sie extra Sterne ausgeschnitten und Glanzpapier-Schmuck gebastelt: Eine Woche vor Heiligabend sind Gülmedine (5), Jermaine (4) und Lucy (3) die Ehrengäste im Hause „Leben am Rheinelbepark“ an der Rheinelbestraße 48. Die Kindergartenkinder wollen mit den Männern und Frauen, die hier in drei Demenz-Wohngemeinschaften zusammenleben, erst zu Mittag essen und dann den Tannenbaum schmücken. Einmal im Monat stattet eine immer wieder neu zusammengesetzte Abordnung des städtischen Familienzentrums Hohenfriedberger Straße dem Demenz-Wohnprojekt der APD Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen GmbH einen Besuch ab. Nicht nur zu Weihnachten, sondern auch zu Ostern, beim Sommerfest oder an St. Martin. So, wie es unter guten Nachbarn in Ückendorf eben üblich ist.

„Die Kinder kommen, die Kinder kommen!“ Anneliese Tonk (90) strömt buchstäblich über vor Glück. Kinder sind ihre größte Freude, schließlich hat die gebürtige Gelsenkirchenerin viele, viele Jahre als Kinderkrankenschwester an der Charité in Berlin gearbeitet. Seit Sommer 2015 lebt sie mit sieben Mitbewohnern in der APD-WG am Rheinelbepark, weil es allein zuhause nicht mehr klappen wollte. In ihrem gemütlichen Zimmer hat sie viele Fotos der Enkel aufgestellt und erzählt detailliert aus ihrem früheren Leben.

Gemeinsames Mittagessen
Die kesse Lucy hat sich derweil aufs Bett gesetzt. Anneliese Tonk legt ihr Alina in den Arm, eine Puppe, die sie selbst einst von einer Freundin bekam. Natürlich findet die betagte Dame auch „Bömskes“ für ihre kleinen Gäste. Die Erzieherin Astrid Knizia, die die Kinder begleitet, erlaubt das süße Extra vor dem Mittagessen. Begeistert schiebt sich Lucy die Gummibärchen in den Mund. „Ihr seid mein schönstes Weihnachtsgeschenk“, sagt Anneliese Tonk, als sich die kleine Gesellschaft mit den anderen Bewohnern am großen Esstisch der Gemeinschaftsküche zum Mittagessen niederlässt.

Intensive Beobachter
Drei Kerzen auf dem Adventskranz in der Mitte des Tisches verbreiten heimelige Stimmung in dem weihnachtlich geschmückten Raum. Heute gibt es für alle Fischstäbchen, Spinat und Kartoffelpüree. Jermaine kommt kaum zum Essen, so intensiv beobachtet er die Tischgesellschaft. Zum Beispiel den alten Herrn, der zum Essen sein alkoholfreies Bier genießt, den gebeugten Mann im Rollstuhl, dem eine Mitbewohnerin liebevoll dabei hilft, aus einer Schnabeltasse zu trinken, und die kleine Dame, die ihr Essen im Stehen angereicht bekommt. „Kinder kennen keine Berührungsängste. Sie gehen fröhlich und unbefangen auf die Menschen zu. Wir bereiten sie auf die Besuche vor und besprechen hinterher, was sie erlebt haben“, sagt Astrid Knizia. Die ehemalige Kinderkrankenschwester arbeitet als Erzieherin in der inklusiven Kindertageseinrichtung an der Hohenfriedberger Straße, die 105 Kinder in sechs Gruppen betreut.

Gute Momente, die Sicherheit geben
„Der Besuch der Kinder tut unseren Mieterinnen und Mietern gut“, sagt Theresia Hasenau, Hausmutter in „Leben am Rheinelbepark“. Demenzkranke fallen im Krankheitsverlauf in kindliche Verhaltensmuster zurück, müssen Alltägliches ständig wieder neu lernen. Kinder dagegen sind spontan – und unvoreingenommen. Die Art, wie Kinder und Demenzkranke miteinander kommunizieren, spielerisch und frei von Angst, schafft eine Verbindung, die zuweilen erst sichtbar wird, wenn die Kleinen längst fort sind. Theresia Hasenau: „Dann beginnen einige unserer Gäste plötzlich zu sprechen. Sie erinnern sich an die eigene Kindheit, die eigenen Kinder oder Enkel. Das sind gute Momente, die ihnen Sicherheit geben.“

Eine Hand hilft der anderen: Jermaine und Lucy (von links) schmücken mit Leni Mathiak (vorn), Marianne Hochgreve und Waltraud Wenzek, Mieterinnen im Demenz-Wohnprojekt „Leben am Rheinelbepark“, den Weihnachtsbaum.

Eine Hand hilft der anderen

Foto: Andreas Weiß / APD

Lasst uns froh und munter sein: Lucy, Jermaine und Gülmedine vom Familienzentrum Hohenfriedberger Straße legen nach der Baumschmuck-Aktion mit Leni Mathiak, Marianne Hochgreve und Waltraud Wenzek, Mieterinnen im Demenz-Projekt „Leben am Rheinelbepark“, ein kleines Päuschen ein.

Lasst uns froh und munte sein

Foto: Andreas Weiß / APD

Heilsame Begegnungen: Jermaine (4) freut sich über den Schokoladennikolaus von WG-Bewohnerin Leni Mathiak (88), den er bei seinem Besuch in der Demenz-WG „Leben am Rheinelbepark“ geschenkt bekommt.

Heilsame Begegnungen

Foto: Andreas Weiß / APD

Mein schönstes Weihnachtsgeschenk! Anneliese Tonk (90) war einst Kinderkrankenschwester in Berlin. Von ganzem Herzen freut sie sich über den Besuch von Gülmedine (5) in der Demenz-WG „Leben am Rheinelbepark“.

Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

Foto: Andreas Weiß / APD

Gemeinsam schiebt sich’s leichter: Bevor es zurück geht in die Kindertagesstätte, fahren Jermaine, Lucy und Gülmedine Leni Mathiak mit dem Rollstuhl zurück in ihre Wohngemeinschaft.

Gemeinsam schiebt sichs leichter

Foto: Andreas Weiß / APD

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